Romane, die im Summer spielen, versprühen immer eine ganz besondere Atmosphäre. Es ist manchmal so, als könnte man die Sonnencreme, die sich die Buchcharaktere auf die Haut schmieren, durch die Buchdeckel riechen. Als könnte man am eigenen Körper fühlen, wie es ist, an einem heißen Sommertag in einen kühlen See zu springen. Als könnte man das Eis schmecken, das aus den Hörnchen über die Hand läuft. Nachdem Tommi Schmitt “Man vergisst nicht, wie man schwimmt” von Christian Huber in seiner Instagram-Story als ‘das Buch des Sommers’ bezeichnet hat, hatte ich dann auf einmal riesige Lust, den Roman ebenfalls zu lesen. Der Klappentext verspricht eine nostalgische Sommergeschichte und die wollte ich mir nicht entgehen lassen. Wie mir “Man vergisst nicht, wie man schwimmt” letztlich gefallen hat, lest ihr in meiner heutigen Rezension!
Infos zum Buch:
Titel: Man vergisst nicht, wie man schwimmt I Autor: Christian Huber I Verlag: dtv I Genre: Belletristik, Coming of Age I Erscheinungsdatum: 16.03.2022 I 400 Seiten I Preis: 22€ (Hardcover) I ISBN: 978-3-423-28998-6 I Zum Buch
Darum geht’s:
31. August 1999. Sengende Hitze liegt über Bodenstein, dem Heimatkaff des 15-jährigen Pascal. Es sind die großen Ferien, und eigentlich könnte der Junge den Sommer genießen. Den Skatepark. Die Partys der Oberstufler. Das Freibad mit den besten Pommes des Planeten. Doch seit er nicht mehr schwimmen kann, mag Pascal den Sommer nicht mehr. Warum das so ist, das kann er nicht erzählen. Ebenso wenig, wieso ihn alle Krüger nennen. Und erst recht nicht, warum er sich unter keinen Umständen verlieben darf. Lieber träumt er vor sich hin und schreibt Geschichten. Dann kracht Jacky in seine Welt. Ein geheimnisvolles Mädchen aus dem Zirkus. Mit roten Haaren, wasserblauen Augen und keiner Angst vor nichts. Zusammen verbringen sie einen flirrenden, letzten Sommertag, der alles für immer verändert … (Klappentext)
“Ich erinnere mich noch, dass mit einem Mal kein Prasseln mehr zu hören gewesen war.”
Huber, Christian: Man vergisst nicht, wie man schwimmt. München: dtv Verlagsgesellschaft 2022, S.9.
Handlung:
Die Geschichte spielt am letzten Sommertag des Jahres, am 31. August 1999. Einen Tag, den ich selbst gar nicht miterlebt habe, ich wurde erst im April des darauffolgenden Jahres geboren. Die sommerliche Atmosphäre, die Melancholie am Ende des Sommers, wenn man die Jahreszeit noch noch nicht loslassen will, spürt man als Leser*in schon direkt auf der ersten Seite. Das zieht sich auch durch den gesamten Roman und hat mir gut gefallen.
Während die Geschichte so vor sich hinplätschert und ich sie in großen Teilen sehr langatmig bis langweilig fand, gab es doch eine Szene, die mir gut gefallen hat: Als Pascal, Jacky und Pascals bester Freund durch den Wald streifen und den Hochsitz entdecken. Die Szene war deutlich stärker als die anderen. Solche Szenen hätte ich mir gerne das ganze Buch über gewünscht!


Der Nostalgie-Effekt, den viele in ihren Rezensionen zu diesem Roman zu loben, konnte sich bei mir nicht einstellen. Und das liegt nicht daran, dass ich am 31. August 1999 noch nicht geboren war. Man kann auch nostalgisch nach Zeiten sein, die man nicht erlebt hat. Wie gut das funktioniert, zeigt aktuell wieder “Stranger Things”. Ein Großteil der Zuschauer*innen war in den 80ern noch weit entfernt davon, zu existieren, und doch fühlt man sich nostalgisch, wenn man die Serie guckt. Mal abgesehen davon, dass ein Nokia-Handy in “Man vergisst nicht, wie man schwimmt” eine größere Rolle spielt und es die ja bekanntermaßen nicht mehr gibt, ist es eigentlich völlig irrelevant und unbemerkbar, dass der Roman am Ende der 90er spielt. Da hatte ich mir schon irgendwie mehr versprochen. Auch habe ich mich nur an wenigen Stellen nostalgisch an eigene Sommerferien zurückerinnert gefühlt.
Ich fürchte, in vielen Momenten bin ich auch mit der falschen Erwartungshaltung/Vorstellung an das Buch herangegangen. Das ist kein Buch über Jugendliche für Jugendliche, sondern ein Buch über Jugendliche für Erwachsene. Ich fühle mich oft genau dazwischen, bin schließlich erst 22 und lese ja auch noch “normale” Jugendbücher, die vorrangig für Jugendliche geschrieben wurden. Der Coming Of Age-Charakter kam für mich in der Geschichte nicht deutlich genug hervor. Die dargestellten Jugendlichen waren in meinen Augen auch zu weit von der Lebensrealität von Jugendlichen entfernt.
Figuren:
Erzähler und Protagonist ist der 15-jährige Pascal, der allerdings von allen nur ‘Krüger’ genannt wird. Das Geheimnis hinter diesem Spitznamen und um Pascals Figur generell wird erst kurz vor Schluss gelüftet. Spannungstechnisch war das clever gelöst und hat dann auch zu dem eigentlich einzigen emotionalen Moment im Buch geführt. Ansonsten war Pascal für mich eine schwer greifbare Figur, die für mich auch nicht unbedingt wie ein Teenager gewirkt hat.
Jacky, das Mädchen aus dem Zirkus, hat mir an sich ganz gut gefallen. Sie war gewitzt und besonders. Leider hat sie, in meinen Augen, dann doch weniger zur Handlung und damit zur Geschichte beigetragen, als der Klappentext vermuten lässt. Ich hätte mir mehr von ihr gewünscht, vielleicht sogar sie als zweite Erzählerin – das hätte der Geschichte mehr Tiefe verliehen.
Pascals besten Freund, dessen Namen ich leider vergessen habe, habe ich als sehr unangenehm empfunden. Er verhält sich zwischendurch ziemlich ungerecht, gerade auch Pascal gegenüber.
Schreibstil:
Ich muss leider gestehen, dass mir der Schreibstil hier wirklich gar nicht gefallen hat. Die Sätze klangen viel zu häufig konstruiert. Die Formulierungen waren holprig und einfach unschön. Und das Plusquamperfekt wurde hier wirklich viel zu oft verwendet. Es ist kein Debütroman, Christian Huber hat schon so einiges geschrieben, aber handwerklich wirkte “Man vergisst nicht, wie man schwimmt” leider viel zu oft so.
Fazit:
Wie man der Rezension sicherlich anmerkt, hat mir Christian Hubers “Man vergisst nicht, wie man schwimmt” leider eher weniger gefallen. Ich bin sicherlich mit falschen Erwartungen bzw. Vorstellungen an das Buch herangegangen, die es nicht erfüllen konnte (oder wollte?). Aber dennoch gab es auch Kritikpunkte, die nichts mit einer falschen Erwartungshandlung zu tun haben. Der Schreibstil war einfach nicht gut. Und auch die Tatsache, dass sich das Aushängeschild der Geschichte, nämlich der Nostalgie-Faktor, nicht wirklich erfüllen konnte. Die Figuren waren okay, wobei Jacky meine klare Favoritin ist. Pascal kam nicht unbedingt als das rüber, was er ist – ein Teeanger. Die sommerliche Stimmung und ein paar starke Szenen konnten das Ruder dann leider auch nicht mehr rumreißen. Von mir gibt es zwei Sterne.
Habt ihr “Man vergisst nicht, wie man schwimmt” schon gelesen?
xoxo Ruth