REZENSION: Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange von Suzanne Collins

Als ich 12 war waren wir in den Sommerferien am Bodensee. In der Liste meiner liebsten Sommerurlaube landet dieser zwar nicht auf dem ersten Platz, gehört aber definitiv in die Top 5, wenn nicht sogar unter die besten drei. Mit 12 habe ich nicht wirklich viel gelesen, aber im Urlaub war das schon immer ein bisschen anders. Da habe ich dann tatsächlich doch immer recht viel gelesen. Für diesen Urlaub hatte ich mir zwei Bücher mitgenommen, was natürlich viel zu wenig war. Nachdem ich dann ein Buch doppelt gelesen habe, hat meine Mutter entschieden, dass es Zeit für ein neues Buch sei. Wir sind dann in eine Buchhandlung in der Nähe unserer Ferienwohnung gegangen und ich durfte mir eins aussuchen. Meine Wahl fiel auf „Die Tribute von Panem. Tödliche Spiele“ von Suzanne Collins. Eine Klassenkameradin von mir hatte dieses Buch mal im Deutschunterricht vorgestellt und ich fand es damals total spannend, also war es irgendwie klar, dass ich dieses Buch nehmen würde. Den ersten Teil fand ich dann auch wirklich unglaublich gut und habe ihn innerhalb weniger Tage gelesen. Mit den Folgebänden hatte ich so meine Probleme und habe irgendwann abgebrochen und nur noch die Filme geschaut. Als das Panem-Prequel „Das Lied von Vogel und Schlange“ angekündigt wurde, war ich demnach ein bisschen skeptisch. Ich habe es mir dann aber doch gekauft und Gott, das war definitiv eine gute Entscheidung!

Infos zum Buch:

Titel: Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange I Autorin: Suzanne Collins I Verlag: Oetinger I Genre: YA Dystopie I Seiten: 608 I Erscheinungstermin Deutschland 19.05.2020 I Preis: 26€ I ISBN: 978-3-7891-2002-2 I Zum Buch

Darum geht’s:

Ehrgeiz treibt ihn an. Rivalität beflügelt ihn. Aber Macht hat ihren Preis. Es ist der Morgen der Ernte der zehnten Hungerspiele. Im Kapitol macht sich der 18-jährige Coriolanus Snow bereit, als Mentor bei den Hungerspielen zu Ruhm und Ehre zu gelangen. Die einst mächtige Familie Snow durchlebt schwere Zeiten und ihr Schicksal hängt davon ab, ob es Coriolanus gelingt, seine Konkurrenten zu übertrumpfen und auszustechen und Mentor des siegreichen Tributs zu werden. Die Chancen stehen jedoch schlecht. Er hat die demütigende Aufgabe bekommen, ausgerechnet dem weiblichen Tribut aus dem heruntergekommenen Distrikt 12 als Mentor zur Seite zu stehen: Lucy Gray, das Mädchen im Regenbogenkleid, das zwar singen kann, aber für den Kampf ungeeignet zu sein scheint. Jede Entscheidung, die Coriolanus trifft, könnte über Erfolg oder Misserfolg seines zukünftigen Lebens entscheiden und Lucys Leben vorzeitig beenden. Es beginnt ein brutaler Kampf in der Arena, bei dem Coriolanus schnell feststellt, dass sein Schicksal untrennbar mit Lucy Grays verbunden ist (Klappentext).

Handlung:

Panem X setzt 64 Jahre vor der Geschichte von Katniss Everdeen an und thematisiert das Leben von Coriolanus Snow – dem Mann, der später einmal der machtgierige und eiskalte Präsident von Panem und Erzfeind von Katniss sein wird. Als ich das gelesen habe, war ich zunächst einmal skeptisch. Das Leben von Snow? Ihn als Protagonisten? Das konnte ich mich einfach nicht vorstellen. Warum er aber ein unglaublicher Protagonist ist, verrate ich später. Hier soll es nun zunächst einmal um den Plot gehen.

Die Geschichte ist in drei Teile eingeteilt, die allerdings chronologisch direkt auf einander folgen. Wir erleben die Geschichte nun zunächst einmal aus dem Kapitol aus, was ich unglaublich interessant fand. Das Kapitol und seine Bürger wurden in der Originaltrilogie fast durchweg negativ beschrieben, daher fand ich es sehr erfreulich, dass wir diesmal einen genaueren Blick auf das Leben in Panems Hauptstadt werfen durften. Die Beschreibung der Stadt fand ich dabei wieder überaus plastisch und realistisch. Ich habe ein unglaublich detailliertes Bild des Kapitals und auch der anderen Settings vor mir und das ist dabei auch kaum von den Filmen geprägt, die ja bereits ein wenig vorgeben, wie es aussehen könnte.

Was ich damals bei „Tödliche Spiele“ schon so mochte, war die Spannung, die sich im gesamten Buch auf einem extrem hohen Level befindet. Ähnlich verhält es sich auf in Panem X. In der ersten Hälfte war gefühlt jede Seite spannender als die andere und ich konnte das Buch kaum aus den Händen legen. Die Spannung ist dann irgendwann ein wenig abgeflacht und ich hatte sogar ein kurzes Tief, aber dann wurde es exponentiell spannender und ich war super aufgeregt, in welche Richtung die Geschichte führen würde. Die Beschreibung der Hungerspiele war in diesem Buch anders als vorher, da der Protagonist ja nicht selbst in der Arena ist, aber es war dennoch sehr gut nachvollziehbar und unglaublich spannend.

Neben diesen Aspekten finden sich in Panem X auch eine menge philosophische und moralische Aspekte. Im Grunde wird die Frage thematisiert, ob der Mensch von Grund auf eher gut oder eher böse ist und ob er Regeln und Gesetze braucht. Diese Thematisierung hat mir wahnsinnig gut gefallen. So wurde das ganze nochmal auf einer anderen Ebene gesellschaftskritischer und regt nochmal erneut zum Nachdenken an. Auch habe ich dadurch einen Unterschied zu anderen Dystopien feststellen können. Wie ihr vielleicht wisst, bin ich ein bisschen genervt von dystopischen Handlungsmustern, aber hier ging es eben nicht so sehr um die Gesellschaft, sondern viel mehr um die Natur des Menschen, was ich sehr erfrischend fand.

Ingesamt fand ich die Geschichte unglaublich ausgeklügelt und sehr stimmig. Besonders wenn man bedenkt, wie Panem sich später einmal entwickeln wird. Panem X lässt aber auch einige Fragen offen und bietet Platz für einige Theorien, was wie gemeint war und wie es mit manchen Figuren weitergeht bzw. wie ihre Beziehung zu Figuren aus Katniss Zeiten ist.

Figuren:

Wie oben bereits erwähnt ist Coriolanus Snow die zentrale Figur des Prequels und er war wirklich ein ganz besonderer Protagonist. Die meisten Leser hatten vermutlich bereits eine Meinung zu ihm, festgemacht an seinem Charakter in der Originaltrilogie (Funfact: ich habe beim Lesen früher immer Show statt Snow gelesen und fand das total passend, Snow ist letztlich aber auch sehr passend). Daher war ich sehr überrascht, wie sympathisch mir Coriolanus zunächst war. Seine einst hoch angesehene, reiche Familie ist nach dem Krieg total verarmt, er versucht aber immer noch, das Bild der reichen und mächtigen Snows aufrechtzuerhalten. Innerlich ist er sehr zerrissen, er weiß nämlich selbst nicht so genau, was gut und was schlecht ist. Im Verlauf der Handlung verändert er sich und es wird immer mehr deutlich, wie aus dem einst idealistischen und durchaus Kapitolkritischen Coriolanus der eiskalte Snow werden konnte. Ein sehr komplexer und überzeugender Charakter, den ich lieber begleitet habe als damals Katniss.

Das weibliche Tribut, deren Mentor Coriolanus wird, ist Lucy Gray Baird. Sie ist ein sehr interessanter und irgendwie auch geheimnisvoller Charakter. Sie ist bunt, singt immer und überall und verkörpert so überhaupt nicht das steife und triste Panem. Sie gehört zu einer Gruppe, die sich „Covey“ nennt und wohl in etwa den Sinti und Roma entsprechen könnte. Jedenfalls ist Coriolanus am Anfang ziemlich enttäuscht, dass ihm ein Mädchen und dann auch noch aus Distrikt 12, dem bekanntermaßen schwächsten Distrikt, zugeteilt wurde. Doch schnell beweist Lucy Gray, dass sie seinen Vorurteilen in feinster Weise entspricht. Die Beziehung zwischen den beiden ist etwas kompliziert bzw. nicht so einfach zu beschreiben, ohne zu Spoilern. Ich würde nicht sagen, dass sie durchweg negativ oder positiv ist, sie ist vielmehr mit der Grund und die Folge für Coriolanus Entwicklung. Zur Frage, ob die beiden romantische Gefühle für einander entwickeln: ich würde sagen, ja, aber vielleicht wissen nicht beide Seiten, wie man mit Liebe umzugehen hat.

Insgesamt gibt es ein riesiges Figurenrepertoire in Panem X. Es gibt 24 Tribute und dementsprechend auch 24 Mentoren, was schon einmal eine ganze Menge an Figuren ist. Hinzu kommen Erwachsenenfiguren und noch weitere Begleiter von Coriolanus. Die wichtigsten Nebenfiguren sind vermutlich der im Kapitol lebende Distriktjunge Sejanus, die Wissenschaftlerin Dr. Gaul, Coriolanus Großmutter und seine Cousine sowie der Gründer der Hungerspiele, Dekan Highbottom. Wer dieser Figuren sich wie positioniert, sollte allerdings jeder für sich selbst herausfinden.

Wer sich fragt, wie Hungerspiele ohne Caesar Flickerman funktionieren, der bekommt in Panem X keine richtige Antwort. Die Flickermans sind nämlich schon sehr lange eng mit den Hungerspielen verknüpft. Mir persönlich hat das aber gut gefallen, da ich Caesar immer mochte, auch wenn er eigentlich keine positiv besetzte Figur ist.

Schreibstil:

Der Schreibstil Suzanne Collins‘ hat mich positiv überrascht. Ich hatte nicht mehr wirklich viel davon in Erinnerung, aber ich weiß noch, dass es mich genervt hat, dass sie in der Ich-Perspektive und im Präsens geschrieben hat. Das hat sie hier geändert. Es gibt einen Erzähler und die Geschichte ist im Präteritum geschrieben. Ihren eigentlichen Schreibstil fand ich aber auch sehr überzeugend. Sie schreibt unglaublich anschaulich und plastisch. Durch ihre Worte lässt sie ein facettenreiches und geheimnisvolles Panem entstehen, das man sich aber sehr gut vorstellen kann. Ich mochte auch sehr, wie Coriolanus Gedanken geschildert wurden und wie sie es schafft, mit ihren Worten so enorme Spannung aufzubauen. Außerdem schreibt sie, und das hatte ich tatsächlich auch noch so in Erinnerung, ganz hervorragende Kampfszenen – das können längst nicht alle Autoren!

Fazit:

„Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange“ hat mich zu 100% von sich überzeugt. Ich mochte die Geschichte, die Figuren und den Schreibstil. Sehr sogar. Es wirkt auch in keinster Weise wie „im Nachhinein konstruiert“, sondern ganz so, als hätte sie schon immer gewusst, wie die Vergangenheit ihres Antagonisten aussieht. „Das Lied von Vogel und Schlange“ hilft auch dabei, die anderen Bücher bzw. Snows Reaktionen in diesen zu verstehen. Spannend und abwechslungsreich ist die Geschichte allemal. Ich bin wirklich schwer begeistert, finde das Prequel sogar besser als seine Vorgänger. Von daher gibt es fünf Sterne und einen Platz bei meinen Lieblingsbüchern!

Habt ihr „Panem X“ schon gelesen?

xoxo Ruth

4 Replies to “REZENSION: Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange von Suzanne Collins

  1. Hey, ich denke, da ist dir bei der Bewertung am Ende des Beitrages ein Fehler unterlaufen 🤨😲 Ein Platzdieb ist es deinem Fazit nach ja auf keinen Fall 😅
    Ich denke, dass mir das Panem Universum zu langweilig ist, zumindest, was ich von der bestehenden Trilogie in Erinnerung habe! Klar, es passiert unheimlich viel, aber die Charaktere haben mich in Teil 2 und Teil 3 nicht mehr von sich überzeugen können 🤷🏼‍♀️ ich werde dieses Buch also erstmal nicht lesen, wobei mich deine äußerst positive Rezension an meiner Entscheidung zweifeln lässt 😅

    1. Ohh, danke! Das ist tatsächlich ein Fehler, das sollte natürlich Lieblingsbuch heißen🤦🏼‍♀️ Wird natürlich sofort geändert!
      Zur Rezension: ich muss sagen, feel you! Ich fand Band 2 so gähnend langweilig, dass ich abgebrochen habe. Deshalb war ich auch so kritisch, aber Panem X fand ich wirklich, wirklich gut und auch überhaupt nicht langweilig. Aber ich kann verstehen, wenn du erstmal die Finger davon lassen willst – es ist ja auch recht lang :)

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